März / April 2010
Ich flog von Vietnam nach Perth, der Hauptstadt von Westaustralien. Ein Kollege aus der Schweiz begleitete mich auf meiner Reise durch australischen Bundesstaat. Es ist ein riesiges Gebiet, mehr als 60 Mal so gross wie die Schweiz. Dagegen macht die Bevölkerung mit knapp über 2 Millionen Einwohnern weniger als ein Drittel der Schweizer Bevölkerung aus. Und davon leben 1.7 Millionen Leute in der Hauptstadt Westaustraliens, in Perth. Vor allem im Landesinnern kann man über Hunderte von Kilometern fahren, ohne eine Siedlung anzutreffen. Erreicht man eine Siedlung, stellt sich heraus, dass teils nur wenige Hundert Leute dort leben. In allen Siedlungen ausserhalb Perth ist um 9 Uhr abends niemand mehr auf der Strasse.
West-Australien lebt hauptsächlich vom Abbau von Rohstoffen, die so grosszügig vorhanden sind, dass West-Australien das höchste pro-Kopf-Einkommen aller Australischen Staaten aufweist. Jeder, der will, kann hier eine Arbeit finden. Dank der grossen Nachfrage nach Rohstoffen hat auch der Australische Dollar wieder angezogen. Australien ist nun fast so teuer wie die Schweiz. Von Vietnam her kommend, musste ich mich zuerst an das neue Preisniveau gewöhnen.
Die Australier haben eine gesunde Work-Life-Balance. Die meisten Läden und Cafes sind bereits um 5:30 nachmittags geschlossen, so dass nach der Arbeit noch Zeit für ein Barbeque oder ein Strandbesuch bleibt. Stress ist hier ein Fremdwort. Dagegen hört man immer wieder den Spruch „no worries“ (keine Sorgen).
Perth
Perth ist eine Stadt mit einer hohen Lebensqualität, angenehmen Klima, wunderschönen Stränden auf Stadtgebiet, Pärken und vielen Velowegen entlang des Swan-Flusses. Die Stadt ist grosszügig angelegt. Die Leute wohnen in Einfamilienhäusern und Staus haben wir auch zu Hauptverkehrszeiten keine gesehen.
Skyline von Perth
Eine Statue eines Kängurus
Mein Kollege und ich mieteten vier Tage lang ein Mountain-Bike und haben Perth und die Umgebung erkundet. Ein Ausflug führte uns entlang des Swan-Rivers, wo wir die in der Finanzwelt so berühmten schwarzen Schwäne zum ersten Mal gesehen haben, ein anderes Mal nach Fremantle, die Stadt mit dem Hafen, ein weiteres Mal an die Strände Perths, die den Vergleich mit thailändischen Stränden nicht zu scheuen brauchen.
Schwarze Schwäne
Ein Australischer Weisser Ibis
Im Swan Valley sah ich das erste Mal ein wildes Känguru.
Kalgoorlie
Als nächstes sind wir mit dem Zug rund 600 km nach Kalgoorlie gefahren. Kalgoorlie ist eine Goldminenstadt mit einer wechselvollen Geschichte. Ende des 19. Jahrhunderts wurde in der Gegend Gold gefunden. Seitdem ist der Goldabbau ein wichtiger wirtschaftlicher Faktor und noch heute ist ein Viertel der Bevölkerung in der Rohstoffindustrie tätig. Bereits 1896 hatte Kalgoorlie einen Eisenbahnanschluss nach Perth und 1903 war auch die 600 km lange Wasserpipeline durch die Wüste fertiggestellt. Der Visionär und Initiator O’Connor beging leider 12 Monate vor der Fertigstellung Selbstmord, nachdem er in grossem Masse ungerechtfertigt kritisiert wurde. Noch heute ist Kalgoorlie’s Wassernachschub durch die Pipeline sichergestellt.
Dank exzellenten Museen und Führungen wurde die Zeit des Goldrausches lebendig.
Mit einfachsten Hilfsmitteln gruben die damaligen Goldsucher nach Gold.
Die Besucher konnten miterleben, wie Gold geschmolzen wurde.
Das Leben der Goldsucher und Abenteurer war nicht einfach und voller positiver wie negativer Überraschungen. Viele Glücksritter unternahmen den langen Weg durch die Wüste nach Kalgoorlie zu Fuss, andere per Pferd und Wagen. Sogar Kamele wurden eingesetzt. Viele sind verdurstet . Die grössten Funde wurden per Zufall entdeckt, zum Beispiel während einer Rast wegen eines lahmenden Pferdes. Das grösste je gefundene Gold-Nugget (35.25 Kilogramm, 1‘135 Unzen) hat ein spielender Junge entdeckt.
Das grösste je gefundene Gold-Nugget
Das Leben der Goldsucher war hart. Frauen hat es nicht oft in diese Gegend verschlagen. So ist es nicht verwunderlich, dass in Kalgoorlie die zwei ältesten Bordelle Australiens zu finden sind. Wie es sich anscheinend für eine richtige Minenstadt gehört, wird noch heute in vielen Bars Kalgoorlies oben-ohne serviert.
In dieser Stadt dreht sich noch heute alles um Gold. Der sogenannte „Super Pit“, die grösste offene Goldmine Australiens, befindet sich nur wenige Kilometer von Kalgoorlie entfernt. Heute ist die Mine 3.5 km lang, 1.5 km breit und 350 m tief und produziert jährlich 28 t Gold. Und es wird immer tiefer gegraben.
In der lokalen Zeitung ist Gold täglich ein Thema. Im grössten Hotel der Stadt ist ein elektronisches Laufband angebracht, dass den aktuellen Goldpreis anzeigt.
Die Zeit der Abenteurer ist noch nicht vorbei. Noch heute gibt es Leute, die mit Metalldetektoren durch unwegsames Gebiet ziehen und hoffen, den Fund ihres Lebens zu machen.
Zurück in Perth nahmen wir einen Camper-Bus in Empfang, der für die nächsten dreieinhalb Wochen unser zu Hause war.
Margaret River
Nach Aufenthalten in Bunbury und Yallingup blieben wir viel länger in Margaret River als geplant. Die Gegend ist das grösste und beste Weinanbaugebiet West-Australiens. Bald siedelten sich weitere Gourmet-Betriebe wie Kleinbrauereien, Olivenölproduzenten oder eine Schokolade-Fabrik an. Zudem haben einige Weinproduzenten exzellente Restaurants mit Blick auf die Rebberge.
Bei einer Weindegustation
Ein Paradies für Feinschmecker! Ich habe hier das Australische Bier entdeckt. Nirgendwo habe ich bessere Biere getrunken. Die dunklen Stouts sind ein Traum, ebenso die Pale Ale’s. Sogar die Hefebiere schmecken besser als in Deutschland. Das ist umso erstaunlicher, als viele Brauereien erst vor 10 bis 20 Jahren gegründet wurden, allerdings von innovativen Bierenthusiasten, die grossen Wert auf Qualität legen. Bei jeder Kleinbrauerei, die einigermassen am Wege lag, haben wir einen Zwischenstop eingelegt. Ich muss es leider erwähnen, aber die Schweizer Biere sind bloss Einheitsware ohne Charakter. Margeret River hat auch ideale Surf-Strände. Während unseres Besuches fand gerade ein internationaler Surf-Wettbewerb statt.
An der Küste von Margaret River
Unsere Reise hat sich sich darauf immer mehr zu einer Gourmet-Reise entwickelt. Überall genossen wir die vielen feinen lokalen Spezialitäten.
Pemperton
Weiter gings nach Pemperton, wo riesige Wälder von Karri-Bäumen zu finden sind. Diese werden bis zu 65 Meter hoch und einige Bäume kann man bis auf diese Höhe mittels Leitern besteigen. Von dort oben geniesst man eine fantastische Aussicht.
Vögel in den Kari-Wäldern
In Pemperton fand ich “Marron“‘s auf der Speisekarte, ein in den Flüssen um Pemperton heimischer Süsswasserkrebs, fast so gross wie ein Hummer. Köstlich!
Und da war noch diese Klein-Brauerei …
Esperance
Nach einer mehrere Hundert Kilometer langen Fahrt kamen wir in Esperance an. Es ist ein Ort weit weg von allem mit wundervollen, einsamen Bade-Stränden. Der „Great Ocean Drive“ führt von einer Traum-Bucht zur anderen. Überall möchte man länger bleiben, aber die nächste Bucht muss auch noch entdeckt werden …
Eine der Buchten um Esperance. Am Strand sieht man meinen Kollegen.
Ach ja, in Esperance waren Yappies auf der Speisekarte, ein lokaler Krebs, kleiner als der Marron, perfekt zubereitet. Ich konnte noch das Meer riechen. Ich habe einen zweiten Teller bestellt …
Wave Rock
Zurück auf dem Weg nach Perth sind wir ins Landesinnere gefahren, wo wir den Wave Rock besucht haben. Eine Seite eines riesigen, 60 Millionen Jahre alten Monolithen, sieht über 110 Metern wie eine 15 Meter hohe, überschlagende Welle aus. Die vielen Farbtöne sind im Laufe der Zeit durch mineralhaltiges Quellwasser gebildet worden, das zeitweise über den Felsen fliesst.
Der Wave Rock
York
Die nächste Destination war York, die erste Stadt West-Australiens, die im Inland gegründet wurde. Seit dem Goldrausch im Outback, bei dem die Stadt eine Versorgungsfunktion wahrnahm, hat sich städtebaulich nicht mehr viel verändert . So besteht die Stadt heute noch nur aus historischen Häusern. Für die Touristen (also für uns) gab es zwei Gourmet Restaurants.
Am sonnigen Sonntag haben die Motorradfahrer einen Stopp in York eingelegt und in der Nachbarstadt fanden Rennen historischer Autos statt.
Pinnacles Desert
Die Pinnacles Desert war unser nächstes Reiseziel. Hier sind Tausende von Kalksteinfelsen mondählich über eine goldfarbene Wüste verteilt. Auf unseren Wanderungen durch die Wüste sahen wir Känguruhs und Emus. Es war ein ganz spezielles Erlebnis.
Die Pinnacles Wüste
Jurien Bay
Die letzten Tage verbrachten wir in Jurien Bay, eine Siedlung nördlich von Perth mit wunderschönen, einsamen Stränden (wieder einmal), wo Hummer und Krebse gefangen (und gegessen) werden (wieder einmal).
Yanchep Nationalpark
Auf der Rückreise nach Perth machten wir im Yanchep Nationalpark halt, wo wir Koalas beobachten konnten.
Das Reisen mit dem Camper war unkompliziert. Es gab viele Camping-/Caravan-Plätze, die gute und saubere sanitäre Anlagen anboten. Auf jedem Platz hatte es Gasgrills, die von den grillgewohnten Australiern rege benutzt wurden. Auch wir hatten die Vorzüge bald bemerkt. Grillen ist einfach und das Fleisch kostet im Laden einen Bruchteil vom Restaurantpreis. Ein Kilo Rumpsteak (so viel braucht es für zwei Personen), kostete bloss ca. 10 Australische Dollar.
Alles in allem hat mir West-Australien sehr gut gefallen, wie vielen anderen Schweizern, die wir angetroffen haben. Ausserhalb von Perth war wohl jeder Dritte internationale Tourist Schweizer. Man hat uns gesagt, dass seit der Finanzkrise Amerikaner und Engländer, die vorher häufig zu Gast waren, nun kaum mehr kommen.
Ich reiste anschliessend weiter auf die Philippinen.