April / Mai 2015
Phoenix, Arizona
Meine Reise in den USA begann in Phoenix, der Hauptstadt des US-Bundesstaates Arizona. Die Temperaturen lagen über 30 Grad. Dank der sehr trockenen Wüstenluft, die Stadt liegt in der Sonoran Wüste, war der Aufenthalt trotzdem angenehm. Rund um die Stadt wachsen riesige Kakteen, die mehrere hundert Jahre alt werden. Der erste Zweig entwickeln diese Riesen-Sukkulenten erst ab einem Alter von 50 Jahren. Um die Trockenperioden zu überstehen, können sie in ihrem Innern bis zu 6‘000 Liter Wasser speichern.
Ein Vogel nistet in einem Riesen-Kaktus in der Sonoran Wüste
Die Stadt hat mehrere ausgezeichnete Museen, die sich mit der Geschichte und Lebensweise der im Staat lebenden Indianerstämmen auseinandersetzen. In der Vergangenheit mussten diese Völker schreckliche Zeiten erleiden. Schlussendlich hat die Amerikanische Regierung ihnen riesige Reservate zugesprochen, in denen sie autonom leben können. Sie haben ihre eigene Polizei und können sogar selbst entscheiden, welche Zeitzone für ihr Gebiet zur Anwendung kommt.
Cave Creek
Eine Autostunde von Phoenix entfernt befindet sich Cave Creek, wo zwei Mal pro Woche „Bull riding“ stattfindet. Junge Männer erhalten 1‘000 Dollar, wenn sie es länger als 8 Sekunden auf einem Stier aushalten. Das hat an diesem Abend keiner geschafft. Bevor es losging, segnete ein Pfarrer die Reiter. Anschliessend wurde des Amerikanischen Militärs rund um den Globus gedacht, die „unser Land sicher halten“. Auch das Singen der Nationalhymne durfte nicht fehlen. Es war eine perfekte Einführung in die Amerikanische Psyche, denn Religiosität und Patriotismus sind vielen Amerikanern sehr wichtig.
Die Amerikaner sind ein religiöses Volk
Ein Pferd in einer Bar wartet auf seinen Drink
Bull riding
Am nächsten Tag startete ich meine Reise quer durch Arizona und Utah, auf der ich acht Nationalpärke und ein paar Staatspärke besuchte.
Grand Canyon
Erste Station war der Grand Canyon, der sich über 446 km zieht und bis 1‘857 Meter tief wird. Der „Bright Angel Trail“ ist eine Tagestour, auf der man vom Canyonrand über die ganze Tiefe des Canyons bis zum Colorado-River wandern kann. Die Parkverwaltung warnte eindringlich, nicht an einem Tag bis zum Fluss hinunter und zurück zu laufen. Zu viele seien schon an Erschöpfung und Austrocknung gestorben oder mussten aufwändig gerettet werden. Deswegen entschied ich mich, bis zum Aussichtspunkt zu wandern, der sich ein paar Hundert Meter über dem Talgrund befindet und von dem man den Colorado-Fluss sehen kann. Die Strecke war problemlos machbar, sodass ich es auch bis zum Fluss und zurück geschafft hätte.
Grand Canyon
Lower Antelope Canyon
Per Zufall bin ich im Internet auf den „Lower Antelope Canyon“ gestossen, der sich auf meinem Weg nach Utah befand. Es stellte sich heraus, dass dieser Canyon für mich als Fotografen ein Glücksfall war, wie die Fotos zeigen.
Kanab
Der Hausberg von Kanab, UT
Meine Tagesdestination war Kanab, von wo ich das Gebiet „The Wave“ (www.thewave.info) besuchen wollte. Fantastische Gesteinformationen mit tollen Fotogelegenheiten hätten dort auf mich gewartet. Da das Gebiet zu einem Indianerreservat gehört, erhalten pro Tag vor Ort bloss 10 Leute eine Erlaubnis, diesen Ort zu besuchen. Jeweils am Vortag wird eine Lotterie abgehalten. Über hundert Personen warteten mit Spannung darauf, dass die Kugel mit ihrer Nummer aus dem Glücksrad rollte. Leider hatte ich an beiden Tagen, die ich für die Lotterie reservierte, kein Glück. Stattdessen besuchte ich von Kanab aus an einem Tag den Zion National-Park und am anderen ein Wandergebiet gleich bei der Stadt. Am nächsten Tag fuhr ich zum The Toadstools Gebiet.
The Toadstools bei Kanab
Zion National-Park
Der Zion National-Park bietet unzählige grössere und kleinere Wanderungen. Der schwierigste und begehrteste Weg führt zum „Angels Landing“. Auf einem schwindelerregenden Pfad wandert man zur Spitze eines riesigen Felsblocks, von dem man eine Sicht in die Tiefe und über das Tal des Nationalparks hat.
Aussicht von „Angel’s Landing”
Horseshoe bend
Unterwegs zum Canyon de Chelly stoppte ich am „Horseshoe bend“, der mehrere spektakuläre Schleifen des Colorado-Flusses umfasst.
Canyon de Chelly
Von Kanab fuhr ich weiter zum Canyon de Chelly. Der Canyon de Chelly ist ein National-Park im Gebiet der Navayo Indianer. Diese Ureinwohner benutzten den Canyon als Zufluchtsstätte. Ihre Häuser sind oft in Spalten in der Canyonwand gebaut, die die Amerikanischen Soldaten und Siedler kaum erreichen konnten.
Verlassene Indianer-Häuser im Canyon de Chelly National-Park
Da viele Orte im Canyon für die Indianer heilig sind, war nur eine Wanderung in den Canyon möglich. Der spektakuläre 229 m hohe Spider Rock durfte man leider nur von einer Aussichtsplattform bewundern.
Monument Valley
Der nächste National-Park „Monument Valley“ ist auch Teil des Navayo Staates. Wiederum wurde bloss eine Wanderung angeboten. Mit dem Auto konnte man eine vorgegebene Strecke abfahren und an markierten Parkplätzen halten und so die Schönheiten dieses Parks geniessen. Dieser National-Park ist besonders bekannt, da hier die berühmte Werbung mit dem Marlboro-Mann entstand.
Natural Bridges Park
Ich fuhr weiter zum Park „Natural Bridges“, der wie der Name sagt, bekannt ist für seine natürlichen Gesteinsbrücken.
Kachina Brücke
Owachomo Brücke
Die beiden National-Pärke Canyon Lands and Arches sind beide vom kleinen Ort Moab aus zu erreichen. Da die Tourismuszeit in den USA Mitte Mai langsam startete und dieser Ort dank seiner Lage sehr begehrt war, konnte ich dort kein Hotelzimmer mehr finden. Der nächste Ort war das 87 km entfernte Monticello. Es war ein kleines Nest mit einer grossen Kreuzung, ein paar Motels, Tankstellen, Restaurants und einem Camper-Parkplatz. Das schönste und grösste Gebäude war der Mormonen -Tempel. Die ersten beiden Tage besuchte ich bei schönstem Sonnenschein die beiden Nationalpärke.
Canyonlands National Park
Die „Kirche“
Eine der vielen beeindruckenden Gesteinsformationen
Atemberaubende Landschaften
Ein dreitägiges Sturmtief, das sogar Schneefall auf die über 2‘000 m.ü.M. gelegene Gegend brachte, zwang mich zum Aufenthalt im Hotelzimmer. Ich schlief morgens lange, kümmerte mich um Computerarbeiten und besuchte ein kleines lokales Museum, das die Geschichte des Ortes aufzeigte. Monticello war wie viele andere Orte in der Gegend von Mormonen gegründet worden.
Arches National Park
Als das Wetter sich verbesserte, besuchte ich nochmals den Arches National-Park mit seinen vielen Attraktionen und Wandermöglichkeiten. Im Park befinden sich unzählige Gesteinsbrücken, teils sogar gleich zwei am selben Ort.
Der Double Arch
Der Balanced Rock
Die Park Avenue
Der „Delicate Arch“ ist das Wahrzeichen von Utah. Er war sehr gut besucht und daher war es sehr schwierig, ein Foto ohne Leute zu schiessen.
Im „Garten des Teufels“
Saurier-Museum von Balding
Auf dem Weg zum Capital Reef National-Park machte ich einen Stop im Saurier-Museum von Balding, das sich auf gefiederte Dinosaurier spezialisierte. Gemäss neuester Forschung dieses Museums stammen die Vögel nicht von den Dinosauriern ab, sondern von einem gemeinsamen Vorfahren.
Der Capital Reef National-Park bietet ein paar landschaftlich eindrückliche Wanderungen. Da meist Schleierwolken den Himmel bedeckten, hat es allerdings kein Foto von diesem Park in meinen Reisebericht geschafft.
Der Wetterbericht kündigte abermals eine längere Schlechtwetterperiode an. Für den Zion National-Park und den Bryce Canyon, die ich als nächstes besuchen wollte, wurde sogar Schneefall vorausgesagt. Ich entschied mich daher, meinen Aufenthalt in Salt Lake City vorzuziehen. In der Stadt konnte ich unabhängig vom Wetter Museen besuchen und durch Shopping Center schlendern. Da ich keine Lust hatte, vier Stunden (350 km) nach Salt Lake City zu fahren und danach wieder zurück, liess ich mein Auto auf dem Flughafenparkplatz von Cedar City stehen und flog nach Salt Lake City.
Salt Lake City
Salt Lake City ist die grösste Stadt des Staates Utah’s und dessen Hauptstadt. Sie wurde nach einem über ein Jahr dauernden Trek von Ost nach West von Mormonen im Jahre 1847 gegründet, nachdem die Gründerpioniere nicht mehr in Illinois bleiben konnten. Kirchen-interne Meinungsverschiedenheiten und der Anspruch ihres Führers Joseph Smith, auch die Frauen seiner Weggefährten zu heiraten, führten dazu, dass er wahrscheinlich von Mitgliedern der eigenen Kirche ermordet wurde. Heute wird Joseph Smith von den Mormonen als Prophet und Märtyrer verehrt. Die Kirchenmitglieder zerstritten sich immer wieder mit Nicht-Mormonen. Die Stimmung gegenüber den Mormonen verschlechterte sich weiter, als viele Leute in Illinois Geld verloren hatten, weil eine von den Mormonen gesponserte Bank bankrott ging. In Salt Lake City hofften sie einen Platz zu finden, wo sie die Vergangenheit hinter sich lassen und ihre Religion ungestört ausüben konnten. Utah wurde erst 1896 ein US-Bundesstaat, nachdem die Mormonen widerwillig die Poligamie abschafften, die eigentlich ein Bestandteil ihrer Religion war. Die Religion der Mormonen (oder „Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage“, wie sie sich auch nennen) wird heute von über 50% der Einwohner Utah’s ausgeübt. Utah ist ein besonderer Staat in den USA. Dank der höchsten Geburtenrate aller US-Staaten hat Utah mit 29.2 Jahren bei weitem das tiefste Median-Alter.
Im Zentrum der Stadt liegt der Tempelbezirk, der aus verschiedenen Gebäuden besteht. Im Mittelpunkt steht der Tempel, den auch Mormonen frühestens ein Jahr nach ihrer Taufe betreten dürfen. Zudem müssen die Gläubigen in einem langen Glaubens-Interview mit dem Bischof beweisen, dass sie es würdig sind, dieses heilige Gebäude zu besuchen. Beim Betreten des Tempelbezirkes kommt man zuerst zum Besucher-Zentrum, wo man von jungen Missionarinnen in züchtigen Kleidern empfangen wird. Nachdem ich sagte, dass ich aus der Schweiz komme, riefen sie der zwanzigjährigen Schwester Stüssi, einer Schweizerin. Ihre Aufgabe war es, mich von ihrem Glauben zu überzeugen. Doch bei einem Freidenker, wie ich einer bin, war eine Bekehrung ausgeschlossen. Ich merkte an, dass eine Welt ohne Religionen eine bessere wäre. Frau Stüssi ist in Interlaken aufgewachsen und dort von Mormonen-Missionaren in die Religion eingeführt worden. Sie war so begeistert, dass sie selbst als Missionarin tätig sein wollte. Sie bewarb sich, ohne zu wissen, in welchem Teil der Erde sie eingesetzt wird. Natürlich war sie erfreut, als man ihr mitteilte, dass sie im Zentrum dieser Religion, in Salt Lake City, 18 Monate wirken durfte. Nach dieser Zeit will sie in die Schweiz zurück kehren und ein Studium beginnen.
Der Tempel der Mormonen
Das Tabernakel-Gebäude
Interessant war auch der „This is the place Heritage Park”. Von diesem Punkt aus sahen die ersten Siedler das erste Mal das Tal, worauf Ihr Anführer Brigham Young gesagt haben soll: „This is the place“. Der Park umfasst eine Reihe historischer Häuser, in denen Park-Angestellte den Besuchern das Leben der ehemaligen Hausbewohner nahebringen. So konnte man zum Beispiel einem Schuhmacher, einem Fasshersteller oder einer Lehrerin bei ihren Arbeiten zuschauen. Ein weiterer Höhepunkt war das Natural History Museum, das bekannt ist für seine eindrückliche Dinosaurier-Sammlung.
Zurück in Cedar City zeigte sich das Wetter, wie in der Wettervorhersage angekündigt, von der sonnigen und warmen Seite. Meine Reiseplan-Änderung hatte sich also gelohnt. Mit dem Auto fuhr ich zum Zion National-Park, den ich bereits drei Wochen vorher besuchte. Dieses Mal wählte ich eine andere Tageswanderung, die mich zu einem weiteren Punkt mit einer grandiosen Aussicht führte.
Zion National-Park
Ein Amerikanisches Eichhörnchen
Bryce National-Park
Bryce war mein letzter National-Park. Dieser spektakuläre Park war ein würdiger Abschluss meiner Reise. Bizarre Felsformationen in den verschiedensten Rottönen beeindruckten mich.
Im Märchenland
Mein letzter Übernachtungsort war typisch Amerikanisch, habe ich doch die letzte Nacht vor Salt Lake City in einem Harley-Davidson-gestylten Zimmer eines Motorrad-Motels verbracht.
Alles in allem habe ich mich in den USA sehr wohl gefühlt. Die Leute waren nett, kommunikativ und hilfsbereit. Mir schien, dass ich als Europäer einen Zusatzbonus genoss. Mich überraschte am meisten, dass häufig und auch in besseren Hotels das Frühstück in Plastikgeschirr angeboten wurde. Das ist in Europa undenkbar. Und natürlich waren die Morgenessen sehr süss gehalten. Donuts, Kuchen und gezuckerte Cornflakes waren immer erhältlich.
Meine abgekürzte Pan-Americana war ein voller Erfolg. Ich habe unzählige Leute getroffen, viel erlebt und unvergessliche Landschaften genossen. Als Preis war ich jeweils bloss ein paar Tage an einem Ort und war ständig damit beschäftigt, meine weitere Reise zu planen. Die nächste Reise will ich daher viel ruhiger angehen. Ich habe mir vorgenommen, in den von mir bereisten Gegenden viel länger zu bleiben, damit Zeit für den Müssiggang bleibt.