Oktober – Dezember 2009
Obwohl ich die Schweiz im Winter verlasse, um der Kälte zu entfliehen, hat es mich dieses Mal in eine Gegend gezogen, die bedeutend kälter ist als die Schweiz: PATAGONIEN. Ein Name, der bei mir Sehnsüchte nach Natur, Wildnis und endlosen Weiten weckte. Dieses Reiseziel war schon lange auf meiner Liste. Leider waren meine Freunde nicht so davon begeistert, so dass ich bis jetzt darauf verzichtete, denn alleine macht es nicht so viel Spass. Erst als zwei Kollegen nach Argentinien reisen wollten, schloss ich mich spontan an.
Ich wurde nicht enttäuscht, wenn auch das Wetter kälter und regnerischer ist, als ich es für die Jahreszeit (es ist ja hier anfangs Sommer) erwartete. Ohne Winterjacke geht man nicht aus dem Haus. Bei meiner Ankunft habe ich naiverweise an der Rezeption nach der Wettervorhersage für die nächsten Tag gefragt. Die Dame hat nur gelächelt. Bald wusste ich warum. Üblicherweise kommen an einem Tag mindestens drei der folgenden vier Wettersituationen Sonne, bewölkt, Regen und Schnee vor. Zudem bläst der Wind oft und sturmartig.
Um Calafate und El Chalten in Argentinien und in der Nähe von Puerto Natales in Chile gibt es tolle Trekkinggebiete. Die Berge sind imposanter als in der Schweiz, die Gletscher näher und enden oft in ihren eigenen Gletscherseen oder im Meer. Wenn man Glück hat, kann man einen Eisabbruch ins Wasser beobachten. So entstehen die Eisberge auf den Seen. Die wilde Natur kombiniert mit dem unberechenbaren Wetter machen den Reiz dieser Gegend aus. Es gibt wohl nicht viele Orte, wo man beim Abendessen Eisberge auf einem See vorbei schwimmen sieht.
Das Essen ist über Erwarten gut (was wohl mit der grossen Anzahl von nach Argentinien eingewanderten Italienern zu tun hat). Ja, auch die die Steaks … Und was gibt es schöneres, als den Abend nach dem Trekking mit einem Late Harvest Süsswein ausklingen zu lassen.
Die Trekks waren tolle Erlebnisse, die mit Regen und Schnee, Sturmwinden, müden Füssen (Laufzeit bis 10 Stunden am Tag, wenn ein Tag die Berge frei gab) und Zelten bei Minustemparaturen (klapper, klapper) erkauft werden mussten. Trotz allem hatten wir sehr grosses Glück mit dem Wetter. Viele Trekker sehen die Highlights wie der Fitz Roy, den Cerro Torre oder die Torres del Paine wegen schlechten Wetters nicht. Wir haben alles gesehen!
Inhaltsverzeichnis
Der Perito Merono Gletscher
El Chalten und Fitz Roy
Meine nächste Destination war El Chalten. In der Nähe befindet sich der Berg Fitz Roy mit seiner berühmten Steilwand.
Weiter ging’s nach Puerto Natales in Chile, das als Ausgangspunkt zum Torres del Paine National Park dient. Den Bericht über das Trekking im Torres del Paine National Park, die Schiffsreise nach Puerto Montt und den Besuch der Insel Chiloe findest Du hier.
San Carlos de Bariloche
Nach meinem Chile-Programm reiste ich über die Anden (im Süden sind sie nicht mehr hoch; der Pass war 1‘350 m.ü.M.) nach San Carlos de Bariloche, Argentinien, kurz Bariloche genannt. Endlich wieder Sonnenschein. Herrlich! Mir kommt es wie das St. Moritz Argentinien’s vor. Der grosse Unterschied zu St. Moritz in der Schweiz ist, dass es hier mehr Schokoladenläden und Bernhardiner-Hunde gibt. Ich habe Hotels mit den Namen Interlaken, Gstaad und Crans Montana gesehen. Auch in diese Gegend sind viele Deutsche (und wohl auch einige Schweizer) ausgewandert, mit all seinen eher positiven Konsequenzen. Es ist eine tolle Seen-Berge-Kombination, mit dem Berg Cerro Otto als einer der Ausflugsziele. Vom Drehrestaurant auf der Spitze hat man eine phänomenale Aussicht.
Das Hotel Crans Montana hat den Namen von einem Schweizerischen Ort in den Bergen.
Der Ausblick vom Berg Cerro Otto.
Das 5-Sterne Llao Llao Hotel
Dieses Auto darf in Argentinien noch fahren.
Puerto Madryn und Peninsula Valdès
Mein nächstes Ziel war Puerto Madryn an der Küste Argentiniens, der Ausgangspunkt zum Naturschutzgebiet Peninsula Valdès. In den geschützten Buchten bringen Wale ihre Babies zur Welt. Auch Pinguinen und Seelöwen gefällt die Gegend, ebenso den Orcas (den Killerwalen), die hier dank den Walbabies, den Pinguinen und den Seelöwen ein reichhaltiges Nahrungsangebot vorfinden. Es ist ein eindruckvolles Erlebnis, diese Tiere zu sehen, besonders bei Sonnenuntergang.
Die 1‘400 km lange Reise mit dem Ejecutivo Bus (Business Class auf Rädern) nach Buenos Aires führte durch topfebenes Land. Stundenlang sind nur Büsche zu sehen. In dieser Gegend regnet es kaum, da der Westwind nach dem Weg über die regnerischen Anden kaum noch Feuchtigkeit enthält. Erst gegen Buenos Aires erscheint die Pampa, endlose Graslandschaften, die Argentinien zum einem Top-Fleischproduzenten machen.
Buenos Aires
In Buenos Aires ist nun Sommer mit 26 Grad. Ich habe ein schickes Apartment mit Swimming Pool und Gym gemietet und werde die Stadt in den nächsten 10 Tagen erkunden. Auch meine beiden Kollegen sind noch in Buenos Aires.
Buenos Aires ist eine Stadt mit einer grossartigen Vergangenheit, war doch Argentinien anfangs des 20. Jahrhunderts eines der reichsten Länder der Welt. Aber auch die heutige Stadt bietet viel. Es gibt ganze Quartiere mit relativ wenig Verkehr, dafür umso mehr Restaurants, Cafe‘s und schicke Läden. Teilweise werden Läden abends in Restaurants verwandelt, um das Lokal optimal zu nutzen. Die Hafengegend wurde in ein trendiges Viertel mit vielen guten Restaurants, Bars und Discos aufgewertet. Die Leute von Buenos Aires, Porteños genannt, lieben das Ausgehen und so gibt es fast an jeder Ecke ein Restaurant oder eine Bar.
Das Nachtleben war aber nicht so mein Ding, da die Diskos erst ab 2 Uhr morgens bevölkert sind. Entsprechend kommt man nicht vor Tagesanbruch ins Bett.
Buenos Aires ist die Stadt des Tangos, ein Tanz mit viel Körperlichkeit. Deshalb wurde er schon als eine Beziehung für drei Minuten bezeichnet. Der Tango ist sowohl ein Tanz wie auch eine Musikrichtung, die in den 40er und 50er Jahren des 19. Jahrhunderts entstanden sind. Die Musik hat afrikanische, spanische und deutsche Einflüsse. Aber erst im Mündungsgebiet des Rio de la Plata um Buenos Aires und Montevideo entstand der schwermütige Tango, der die damalige schwierige Situation vieler Einwanderer widerspiegelt. Der Tanz entstand in den Bordellen der armen Vororte, weshalb sowohl der Tanz wie die Musik von der Mittel- und Oberschicht gemieden wurde. Erst als anfangs des 20. Jahrhunderts der Tango das modische Vorbild Paris eroberte, wurde er auch um den Rio de la Plata salonfähig.
Es ist in Buenos Aires ganz normal, zu einem Psychologen/Psychoanalytiker zu gehen. Man macht kein Geheimnis daraus. Es ist im Gegenteil ein beliebtes Gesprächsthema. Es gibt hier 795 Psychologen auf 100 000 Einwohner. In keinem anderen Land ist diese Zahl höher. Dabei nutzen die Porteños Psychotherapie nicht nur, wenn sie psychische Schwierigkeiten haben, sondern auch zur Bewältigung alltäglicher Probleme, zur Persönlichkeitsentwicklung und zur Verbesserung ihrer Lebensqualität. Der Psychologe Gabriel Rolón ist ein Radio- und Fernsehstar und sein Buch „Geschichten vom Diwan“ ein Bestseller. Man findet an jedem Kiosk Zeitschriften, die sich mit psychologischen Themen befassen.
Beim Bereisen der beiden Länder Argentinien und Chile fallen einem in Argentinien die schöneren Häuser und teureren Läden auf. Argentinien scheint eindeutig reicher als Chile zu sein. Nur bestätigt das die Statistik nicht. Während Argentinien ein Bruttosozialprodukt pro Kopf von $ 6‘040 aufweist, ist jenes von Chile $ 8‘160. Argentinien bediente seine Staatsschulden im Jahr 2002 nicht mehr und traf danach mit den privaten ausländischen Gläubigern eine Vereinbarung, die die Schulden um 75 Milliarden Dollar reduzierte. Damit lässt sich einiges bauen. Aber vielleicht habe ich mich auch nur in den reicheren Gegenden Argentiniens bewegt.
Als nächstes reise ich nach Kolumbien, wo ich einen anderen Kollegen treffe.