April / Mai 2016
Von Andijon in Usbekistan kommend, reiste ich in die Stadt Osh auf der kirgisischen Seite der Grenze, die für Touristen wenig zu bieten hatte. In Kirgistan konnte ich wieder Geld aus dem Geldautomaten beziehen, das Internet war schnell, Skype funktionierte und SIM-Karten bekam man problemlos.
Chyiyrchyk Pass
Mit drei Touristinnen vom Hostel unternahm ich einen Tagesausflug zum 2‘389 Meter hohen Chyiyrchyk Pass. Im Frühling ziehen die Bauern in die Bergregionen und stellen ihre Jurten auf. Spontan wurden wir von einer Familie zum Nationalgetränk Kumys eingeladen. Es besteht aus fermentierter Stutenmilch. Weil diese Milch in einem geräucherten Sack aus Tierhaut aufbewahrt wird, hat sie einen rauchigen, säuerlichen, sehr eigenwilligen Geschmack.
Eine Familie hat nach einem langen Winter soeben ihre Jurte in den Bergen aufgestellt.
Arslanbob
Anschliessend besuchte ich das Bergdörfchen Arslanbob, das am Fusse des weltgrössten Walnusswaldes liegt. Die touristische Infrastruktur ist noch kaum entwickelt und Englisch sprechen bloss ganz wenige Leute. Man übernachtet bei Familien, die keine privaten Badezimmer und Toiletten kennen. In der kalten Nacht musste ich durch den Regen auf die Toilette eilen.
Eigentlich wollte ich von Süden nach Norden quer durch Kirgistan zur Hauptstadt Bishkek reisen. Da mehr als 50% des Staatsgebietes über 2‘500 Meter liegen, war es wegen der Kälte und dem Schnee für viele Orte im Mai noch zu früh. Zudem regnete es und eine Wetteränderung war nicht in Sicht. Ich entschied mich daher, zurück nach Osh zu fahren und von dort nach Bishkek zu fliegen. In der Stadt liess es sich einfacher auf besseres Wetter warten und die weitere Reise organisieren.
Karakol
Nach ein paar Tagen hellte das Wetter auf. Ich reiste nach Karakol im Ostteil das Landes. Diese Stadt ist ein idealer Ausgangspunkt für Ausflüge in die nahen Berge. Mir gefiel es dort so gut, dass ich eine ganze Woche blieb. Mit einer Touristin aus Kolumbien unternahm ich jeden Tag Wanderungen zu heissen Quellen oder Wasserfällen. Dabei kamen wir immer wieder an Jurten vorbei. Oftmals wurden wir spontan zu kleinen Häppchen und Tee eingeladen. Bei einem Ausflug übernachteten wir bei einer jungen Familie. Wir waren überrascht, wie gut sie über allerlei Themen Bescheid wussten. Der Mann war ein Fussballfan und kannte sogar die Namen einiger Schweizer Nationalspieler. Über Putin gingen unsere Meinungen auseinander. Stabilität ist in dieser Gegend halt wichtiger als politische Korrektheit. Die ganze Nacht und morgens regnete es, sodass wir befürchteten, dass unser Weg zurück sehr dreckig und schlammig sein würde. Gerne nahmen wir das Angebot an, drei Stunden zu Pferd ins Tal hinunter zu reiten. Ich war überrascht, wie folgsam mein Pferd war.
Schaf- und Rindertreiber ist ein einsamer Job. Umso grösser ist die Freude, wenn ein Bekannter über den Weg läuft, äh reitet.
Kirgistan ist ein Pferdeland. Wer hier nicht geritten ist, hat das Land nicht entdeckt.
Drei kirgisische Schülerinnen
Am Sonntag fand in Karakol der wöchentliche Tiermarkt statt, wo vor allem Rinder, Schafe, Ziegen und Pferde verkauft werden. Ich war mehr fasziniert von den Menschen und ihrer Bekleidung, denn einige kamen von abgelegenen Orten, um am Markt ihre Geschäfte zu erledigen. Ich habe auch gelernt, dass drei Schafe problemlos in den Kofferraum eines Personenwagens passen.
Auf dem wöchentlich stattfindenden Tiermarkt
Nicht umsonst wird Kirgistan die Schweiz Zentralasiens genannt
Anschliessend verbrachte ich ein paar Tage in einem kleinen Dörfchen am Issyk Kul See, wo ich bei einer Familie wohnte und die grosszügige kirgisische Gastfreundschaft erlebte.
Bishkek
Bald war es Zeit, nach Bishkek zurück zu kehren und die letzten Tage in der Hauptstadt zu verbringen. Bishkek war mir von Anfang an sympathisch. Die Leute sind freundlich und viele Restaurants sind gut und preiswert. Inmitten der Stadt befindet sich ein grosser Platz mit der Reiterstatue von Manas, dem Helden des Nationalgedichtes. Es ist das längste der Welt mit über 500‘000 Zeilen. Der Platz ist von Parks umgeben. In einem steht eine überlebensgrosse Lenin-Statue. Nicht weit davon entfernt diskutieren Marx und Engels in Bronze weiter über ihre Theorien. Die Stadt wird durch Kleinbusse, Marschrutkas genannt, erschlossen. Es gibt hunderte von Linien, die die Leute ohne Umsteigen an jeden Ort der Stadt bringen. Dank der Mobile-Phone App Bus.kg war es für mich ein leichtes, den richtigen Bus zu finden. Diese App war sehr intuitiv zu bedienen und lieferte genau die Informationen, die ich brauchte. Mein Standort wurde auf einer Karte von Bishkek angezeigt. Nun konnte ich den Start- und Endpunkt meiner Busreise antippen und schon erschienen die für mich geeigneten Linien auf der Karte. Wenn bloss alle Städte diese App hätten. Sehenswert war auch der riesige Osh Basar. Ein nahes Wandergebiet inmitten von Bergen befindet sich bloss 45 Autominuten entfernt im Ala Archa National Park.
Karl Marx und Friedrich Engels diskutieren hier weiter.
Die Statue von Manas, dem Nationalhelden Kirgistan’s, auf dem Ala-Too Platz vor einer Flagge Kirgistans.
Zwei Gesichter, zwei Hüte
Eine eindrückliche Reise durch Argentinien, Uruguay, Chile, Peru, die Philippinen, Indonesien, Dubai, Usbekistan und Kirgistan ging zu Ende. Abgesehen vom Zwischenfall mit der Putzfrau in Mendoza passierte mir nichts Unerfreuliches. Im Gegenteil, vor allem in Zentralasien wurde ich sehr grosszügig willkommen geheissen.