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Usbekistan

April / Mai 2016

Nachdem ich mein Visa in der Usbekischen Botschaft in Dubai beantragt hatte, war ich gespannt, ob ich es in Bishkek, der Hauptstadt Kirgistans, tatsächlich ohne Schwierigkeiten abholen konnte. Die Usbekische Botschaft in Bishkek ist bekannt für den unhöflichen Umgangston und mehrtägige Verzögerungen bei der Visa-Vergabe. Ich erhielt das Visa jedoch problemlos. Sogleich buchte ich einen Flug für den nächsten Tag nach Usbekistan.

Am Flughafen von Tashkent, der Hauptstadt Usbekistans, angekommen, fragte ich mich, in welchem Grad ich und mein Gepäck durchsucht werden. Die Usbekischen Zollbehörden kontrollieren zuweilen jedes Foto auf dem Computer oder Smartphone, was bis zu einer Stunde dauern kann. Damit soll sichergestellt werden, dass keine Fotos mit nackten Leuten oder Propaganda nach Usbekistan kommt. Da alle Devisen deklariert werden müssen, wird machmal auch das eingeführte Geld kontrolliert. Ich machte anscheinend einen guten Eindruck auf den Zöllner, denn ich kam ohne Kontrolle durch den Zoll, nachdem er sich versichert hatte, dass die 4’722’000 Indonesischen Rupien, die ich auf der Deklaration erwähnte, bloss ca. 330 US Dollar entsprachen.

Usbekistan ist ein Polizei-Staat. In der Hauptstadt stehen alle paar Hundert Meter Polizisten. Beim Eingang zu allen U-Bahnstationen gibt es Kontrollposten, wo Ausländer ihren Pass und ihr Visa zeigen müssen. Jedes Hotel muss die Reisenden registrieren und eine Registrierungsbestätigung ausstellen, die die Touristen bei der Ausreise vorweisen müssen. Skype ist gesperrt und das Internet ist sehr langsam. Der Kauf einer SIM-Karte dauert ca. 1 Stunde, wobei das Guthaben bloss 1 Woche gültig ist. Das Nachladen eines Guthabens dauert wiederum 1 Stunde. Natürlich muss der Pass und das Visa dabei nochmals vorgewiesen werden. Die Währung Usbekistans ist der Som. Der offizielle Kurs (ca. 2‘900 Som für einen US Dollar) ist weit vom Marktkurs entfernt, so dass ich meine US Dollar auf dem Schwarzmarkt umtauschte (ca. 6‘400 Som für einen US Dollar). Dank dem Schwarzmarkt war Usbekistan zusammen mit Kirgistan das billigste Land auf meiner Reise.

Tashkent

Tashkent ist eine Stadt mir grossen Boulevards und überdimensionierten staatlichen Prachtbauten. Aber schon wenige Kilometer ausserhalb des Zentrums sind zerfallene Gebäude und alte Autos allgegenwärtig.

In Tashkent begegnete ich das erste Mal Amir Temur in Form einer Reiterstatue. Im Westen ist er auch als Tamerlan bekannt. Er ist der Nationalheld Usbekistans und lebte im 14. Jahrhundert. Sein Ziel war, das Reich Dschingis Kahn’s wieder herzustellen, das Ende des 13. Jahrhundert seinen Höhepunkt erlebte und das grösste Reich war, das jemals in der Menschheitsgeschichte existierte. Er erreichte sein Ziel zwar nicht. Aber immerhin eroberte er und seine Armee innerhalb weniger Jahrzehnte ganz Zentralasien und vermochte sein Herrschaftsgebiet bis nach Syrien auszudehnen. Seine Feldzüge brachten unendliches Leid über die Zivilbevölkerung, die ausgeraubt, ermordet und vergewaltigt wurde. Nach seinem Tod verfiel ein grosser Teil des Reiches über die nächsten drei Generationen, wobei einer der Enkel seinen Vater (und Amir’s Sohn) umbrachte.

Die Reiterstatue von Amir Temur, dem Nationalheld Usbekistans

Besonders sehenswert in Tashkent ist der Chorsu Bazar, wo alles mögliche verkauft wird. Brot ist das Hauptnahrungsmittel der Usbeken. Daher gibt es eine grosse Brotverkaufszone, wo ein Teil der Brote gleich gebacken wird. Vom Tier wird hier jedes Teil verwertet, so dass man alle Arten von Innereien, Füsse, Schwänze und Fettklumpen bestaunen und kaufen kann.

Als westlicher Besucher des Opernhauses bekam ich gleich eine Privatführung durch das aufwändig renovierte Haus. In der Pause besuchte ich das Operncafe, wo ein Glas Wodka billiger angeboten wurde als ein Kaffee.

Gerne hätte ich ein Usbekisches Gourmet-Restaurant besucht. Schade, dass sich diese in New York, Moskau und Riga befinden. Die Usbekische Küche beschränkt sich auf ein paar wenige Gerichte, die zwar solide zubereitet sind und gut schmecken, aber Raffinesse vermissen lassen.

Khiva

Als nächstes besuchte ich das ca. 1‘000 km entfernte Wüstenstädtchen Khiva. Das kleine Städtchen samt der Stadtmauer ist noch vollkommen erhalten. Trotzdem ist es auch eine ganz normale usbekische Stadt mit einem Markt, wo sowohl Lebensmittel wie auch Werkzeuge oder SIM-Karten verkauft werden. Man kann zuschauen, wie die Einheimischen Teppiche weben, Holz schnitzen oder Seide herstellen. Wie die Fotos zeigen, hat es mir dort sehr gut gefallen. Die Gegend um Khiva war schon seit alters her umkämpft, so dass sich im Umkreis von 50 km ca. 20 Forts befinden.

Der unfertige Turm ist das Kalta Minor Minaret. Nach dem Tod des Auftraggebers Mohammed Amin Khan wurden die Arbeiten eingestellt.

Das Minarett der Islom-Hoja Medressa, mit 57 Meter das höchste Minarett Uebekistan’s.

Die pittoreske Altstadt von Khiva ist ein idealer Ort für Hochzeiten.

Allakuli Khan Medressa

Die Holzpfeiler sind in einem traditionellen Muster geschnitzt.

Wegen dem Bilderverbot im Islam sind viele Oberflächen mit wunderschönen Mustern verziert.

Brot wird im traditionellen Lehmofen gebacken, indem der Teig zuerst verziert und dann an die Ofenwand gedrückt wird.

Das Knüpfen eines Teppichs dauert Monate.

Auf dem Markt

Meine Witze sind gar nicht so schlecht.

Alle Türen sind wundervoll verziert.

Pahlavon Mahmud Mausoleum

Khorezm

Das Ayaz Qala Fort aus dem 6. Jh. – Dieser strategisch wichtige Ort war früher eine Oase und daher umkämpft.

Samsas gibt es überall – Es sind mit Lamm- oder Rindfleisch, Kartoffeln, Gemüse und gebratenen Zwiebeln gefüllte Blätterteigtaschen.

Bukhara

Da diese Wüstengegend dünn besiedelt ist, gibt es keine Busverbindung zum ca. 450 km entfernten Bukhara, die nächste grössere Stadt östlich von Khiva. Wenn in Usbekistan kein Bus fährt, teilen sich die Reisenden ein Taxi, das erst losfährt, wenn es voll ist. Ich fuhr mit einem Englischen Pärchen, das ich in Khiva kennen gelernt hatte.

Bukhara als einer der wichtigsten Handelsplätze auf der Seidenstrasse kann auf eine mehrtausendjährige Geschichte zurück blicken. Das historische Zentrum befindet sich abseits vom Trubel der modernen Stadt, so dass beim Betrachten der imposanten, fast ein tausend Jahre alten Baudenkmäler eine meditative Stimmung aufkommt. Verzierte Markthallen, meterdicke Stadtmauern und das älteste muslimische Mausoleum in Zentralasien sind einige der Höhepunkte. Der schönste Ort ist jedoch der Platz vor der Kalon Moschee mit ihrem fast 900 Jahre alten, 47 Meter hohen, wunderbar verzierten Minarett. Auf der anderen Seite des Platzes befindet sich die Mir-i-Arab Koranschule mit ihrer leuchtend blauen Domkuppel.

Die Hauptsehenswürdigkeit in Bukhara – Links die Mir-i-Arab Medressa, eine Koranschule und rechts die Kalon Moschee mit ihrem Minarett. Bei der Erstellung im Jahre 1127 war das Minarett mit 47 Metern das grösste Gebäude in Zentralasien.

Char Minar – Früher ein Eintrittstor zu einer Universität, die nicht mehr steht

Ismail Samani Mausoleum – Diese reich verzierte Grabstätte aus dem 10. Jh. ist das älteste muslimische Gebäude in Zentral-Asien.

Die Bolo-Hauz Moschee mit wunderschön verzierten Holzpfeilern, die typisch sind für die usbekische Architektur

Samarkand

Mit dem Zug reiste ich weiter nach Samarkand, die Stadt mit den imposantesten Monumenten in ganz Zentralasien. Der Registan-Komplex ist ein riesiger Platz, den gleich drei Jahrhunderte alte, atemberaubende Koranschulen säumen. Jede beherbergt Dutzende von Räumen mit farbenprächtigen Decken, unzähligen Mosaiken und riesigen Eingangstoren.

Registan

Registan – Das mittelalterliche Zentrum dieser Stadt beherbergt gleich drei grossartige Koran-Schulen. Dies ist für viele der Höhepunkt ihrer Zentralasien-Reise.

Gur-E-Amir Mausoleum

Auch das Gur-E-Amir Mausoleum ist ein grossartiger Bau, was nicht überrascht, ist es doch die Grabstätte des Nationalhelden Amir Temur, zweier seiner Söhne (einer ist Ulugbek, der von seinem eigenen Sohn geköpft wurde) und zweier Enkel. Als der sowjetische Anthropologe Mikhail Gerasimov und sein Team am 20. Juni 1941 das Grab öffneten, fanden sie eine Inschrift, dass der Schänder dieses Grabes auf einen furchterregenderen Gegner als Amir treffen würde. Zwei Tage später griff Hitler die Sowjetunion an. 1942 wurde Timur mit muslimischen Riten ein zweites Mal begraben. Darauf wendete sich das Blatt für die Sowjets und sie errangen den für den 2. Weltkrieg entscheidenden Sieg in der Schlacht um Stalingrad. Für die Usbeken gibt es zwischen diesen Ereignissen einen klaren Zusammenhang. Der Fluch Amir’s soll auch heute noch Bestand haben, doch niemand wagt es, mit einer erneuten Graböffnung das Gegenteil zu beweisen.

Gur-E-Amir Mausoleum – Das Mausoleum des Nationalhelden Amir Temur

Allee der Mausoleen (Shah-i-Zinda)

Ein weiterer Höhepunkt in Samarkand war die sogenannte Allee der Mausoleen (Shah-i-Zinda). An einem Weg finden sich Dutzende Mausoleen, alle mit wunderbar verzierten Fliesen, die zu den schönsten in der muslimischen Welt zählen. Ein Cousin des Propheten Mohammed und Verwandte und Freunde von Amir Temur’s Familie sind hier begraben.

Shah-i-Zinda

Die Usbeken lieben die westlichen Touristen. Immer wieder wurde ich gebeten, mit Einheimischen für Fotos zu posieren. Darauf verlangte ich, dass auch mit meiner Kamera Fotos gemacht wurden.

Via Tashkent reiste ich ostwärts über einen Bergpass ins Fergana Tal. Schon Samarkand ist nicht mehr Teil der Wüste. Aber das Fergana Tal ist der fruchtbarste und am dichtesten besiedelte Teil Usbekistans. Das landwirtschaftliche Hauptprodukt ist die Baumwolle. Auch das Keramik-Handwerk und die Seidenproduktion florieren. Dank des milden Klimas waren Kirschen, Aprikosen und Erdbeeren schon im Mai reif. Der Reichtum dieser Gegend repräsentiert sich offensichtlich in den schönen Häusern und geordneten Städten. Da das Tal in der Vergangenheit Ursprung eines extremistischen Islams war (der brutal niedergeschlagen wurde) und wegen der Nähe zum verfeindeten Kirgistan, müssen sich alle Ausländer, die ins Tal einreisen, registrieren lassen.

Kokand

Kokand war meine erste Destination im Tal. Es ist eine herausgeputzte Kleinstadt. Der Palast der Khan-Dynastie, die im 18. und 19. Jahrhundert diese Gegend regierte, ist die Hauptsehenswürdigkeit. Er umfasst 7 Innenhöfe und 114 Zimmer. Seine Aussenwände sind mit wunderbaren Fliesen bedeckt. Die Hälfte des Palastes beherbergte das Harem des Khans.

Khudayar Khan‘s Palace – Mit 114 Zimmern ist das Putzen nie zu Ende

Rishton

Von Kokand machte ich einen Ausflug nach Rishton, dem usbekischen Zentrum der Keramikproduktion. Es war interessant zu sehen, wieviele Prozesse die Keramikwaren durchlaufen. Die elaborierten Malereien auf den Tellern, Tassen und Vasen beeindruckten mich. Anschliessend besuchte ich den Markt von Rishton. Anscheinend verirren sich nicht viele Touristen dorthin, denn ich und eine Deutsche waren die Attraktion.

Die Goldzähne stehen ihr gut

In dieser Bäckerei herrscht eine fröhliche Stimmung

Die nächste Stadt auf meiner Route war Fergana, von wo ich einen Ausflug nach Margilan machte, dem zweitausend Jahre alten Zentrum der Seidenproduktion in Usbekistan. Familien züchten die Seidenraupen in grosser Zahl, um einen Nebenverdienst zu erzielen. Die Raupen fressen nur Maulbeerblätter, so dass genügend Bäume zur Verfügung stehen müssen. Am Ende der Entwicklungszeit verpuppen sich die Raupen, indem sie einen einzigen etwa einen Kilometer langen Seidenfaden zu einem Kokon verspinnen.

Andijon

Meine letzte Station auf meiner Reise in Usbekistan war Andijon, das nur die wenigen Touristen besuchen, die die Grenze nach Kirgistan passieren. Es gibt kaum Sehenswürdigkeiten, aber der Markt war interessant. Neben vielen Alltagsgegenständen und Lebensmitteln fand ich auch Handwerksbetriebe wie Zinngiesser oder Schmiede, die noch nach mittelalterlichen Methoden arbeiteten.

Dieser Schmied und sein Lehrling sind stolz auf ihre Arbeit

Die lustige Sonnenbrille hilft dieser Marktfrau, Kunden anzulocken und damit mehr Brote zu verkaufen

Am nächsten Tag überquerte ich die Grenze nach Kirgistan. Die usbekischen Behörden sind immer noch in den Denkschemen des kalten Krieges behaftet. Ich hörte, dass jedes Bild auf dem Mobiltelefon oder Laptop bei der Ausreise kontrolliert wird, es könnte ja ein Bild von einer Militäranlage, einer Brücke oder einem Flughafen dabei sein. Der ausgeführte Geldbetrag muss kleiner sein als der eingeführte, sonst hätte man wohl schwarz gearbeitet oder sonst eine illegale Tätigkeit begangen. Ich hatte mehrere Windows-Wiederherstellungs-DVDs dabei und befürchtete, dass diese Probleme machen, da ich darauf alle möglichen Informationen speichern könnte und vielleicht als Spion verdächtigt würde. Als ich ankam, war bloss noch eine alte Frau mit einem Kind an dieser Grenze im Niemandsland. Nach der Kontrolle meines Passes und des Ausreiseformulars warf der Zöllner ein paar Sekunden einen Blick in meinen Koffer, bevor er mich passieren liess. Ich war erleichtert.

Mir hatte es in Usbekistan sehr gut gefallen. Das Land war eines der interessantesten auf meiner Reise. Die meisten Usbeken sind sehr freundlich und ehrlich, was das Reisen einfach macht. Einige Leute sprechen Englisch. Wenn ich gar nicht mehr weiter kam, konnte ich immer noch auf die Google-Übersetzungs-App zurück greifen. Da auf meiner Route zur gleichen Zeit nur ca. 10 Individualreisende aus dem Westen unterwegs waren, traf ich immer wieder die gleichen Leute, die im Laufe der Zeit Freunde wurden und mit denen ich Ausflüge unternahm oder essen ging. Schlussendlich möchte ich noch Xalva (ausgesprochen Halwa) erwähnen, eine halbharte Süssigkeit aus Zucker, Honig, Pinienkernen und weiteren geheimen Zutaten gemäss Familienrezept. Einfach köstlich! Schon deswegen ist Usbekistan eine Reise wert.